Im Zuge der grossen Fluchtbewegungen im Rahmen des Syrienkriegs 2015/16, waren viele gesellschaftliche und staatliche Institutionen mit dem Andrang überfordert. Dies schlug sich unter anderem in Überbelegung, mangelhafter Betreuung und sonstigen organisatorischen Schwierigkeiten nieder.
So auch in den schweizerischen Durchgangszentren, wie es der Hirschpark in Luzern darstellte. Das Zusammenleben vieler Kulturen auf engstem Raum und prekären Bedingungen traf die Kinder der angekommenen Familien am härtesten; sie hatten keinen Platz drinnen zu spielen, draussen waren die Möglichkeiten ebenfalls eher begrenzt, da der Hirschpark auf dem Areal des Kantonsspitals steht und generell fehlten ihnen die sozialen Bindungen um sich zu entfalten. Zudem waren sie durch die Verhältnisse im Durchgangszentrum (DGZ) ständig mit ihrem Fluchthintergrund konfrontiert. Daher waren die “Auszeiten“, die die Kinder von ihrem Alltag nehmen konnten, relativ dünn gesät.
All dies war ausschlaggebend für die Gründung von Pfasyl. Zwei aktive Leiter der Pfadi Emmenbrücke trommelten einen wilden Haufen aus aktiven und ehemaligen Leitenden aus verschiedensten Abteilungen zusammen um die ganze Idee in Form eines Projekts zu konkretisieren.
Es ist eines der Kernanliegen von Pfasyl, dass diese Kinder Kontakt zu jungen Menschen in ihrem Gastland erhalten, die sich für sie interessieren und ihnen Möglichkeiten bieten, unsere Kultur, die Sprache und das Leben bei uns kennen zu lernen. Kinder mit unterschiedlichsten Hintergründen finden in der Gruppe einen Platz, wo sie für kurze Zeit einen Gegenentwurf zu ihrem Alltag als Geflüchtete erleben. Sie lernen sich in diesem Rahmen untereinander zu verständigen, zu teilen, beim Spielen zu kooperieren, Rücksicht zu nehmen und gemeinsam mit uns Spass zu haben ohne Beschränkungen, die sich aus den teils konfliktträchtigen Situation zwischen den Familien im DGZ ergeben.
Es ist uns bewusst, dass wir im Rahmen dieser lokalen Initiative nur einen eher bescheidenen Beitrag zur Integration der Geflüchteten leisten können. Da die Kinder stets “unter sich“ bleiben ist der Kontakt zur neuen Heimat auf die Interaktion mit den Leitungspersonen beschränkt. Aus dieser Überlegung haben wir unser Projekt auf zwei weitere Aspekte, nebst den zweiwöchentlichen Anlässen, ausgeweitet:
Wir haben eine Abmachung mit dem DGZ Hirschpark, dass sie uns die neuen Adressen der transferierten Familien baldmöglichst bekanntgeben. Dies hat den Zweck, dass wir die lokalen Pfadi- oder Jubla-Abteilungen benachrichtigen können, dass sie doch auf die Newcomer*innen zugehen sollen. Somit wird es den lokalen Abteilungen einfacher auf die Familien zuzugehen, da diese schon einigermassen wissen, was “Pfadi“ heisst und andererseits wird es so möglich, das integrative Potential der Pfadi voll zu nützen. Somit wäre Pfasyl auch als Medium zu betrachten, das die interkulturellen Berührungsängste zwischen den Geflüchteten und dem schweizerischen Vereinsleben abbaut.
Der zweite Aspekt bezieht sich auf Informations- und Motivationsarbeit in der Öffentlichkeit. Wir besuchten bereits verschiedenen J&S-Ausbildungskurse und hielten dort Vorträge über unser Projekt und die Herangehensweise zur Gründung einer solchen Initiative. Dies stiess auf ein sehr positives Feedback, weswegen wir ab Anfang September 2017 eine zweite Pfasyl-Abteilung eröffnen konnten. Diese arbeitet mit Kindern aus dem DGZ Rothenburg. Es freut uns zu sehen, dass die Grundstruktur, die wir entwickelt haben, auch Potential für andere Asylzentren aufweist und damit wahrscheinlich auch in andere Kantone übertragen werden kann.
Seit Anfang September 2018 gibt es nun eine weitere Pfasyl-Abteilung im Kanton Bern. In der Kollektivunterkunft Sandwürfi in Köniz dürfen sich die Kinder nun auch über Anlässe freuen. Es ist eine Freude zu sehen, wie sich das neu zusammengewürfelte Leitungsteam dieser Aufgabe angenommen hat und motiviert ist, den Kindern tolle Anlässe zu bieten!
Seit Ende Herbst 2018 dürfen wir nun eine weitere Abteilung in der Pfasylfamilie begrüssen. Junge, motivierte Leiterinnen und Leiter haben die Abteilung Piosyl ins Leben gerufen. Diese richtet sich speziell an die unbegleiteten Minderjährigen (MNA) die im Asylzentrum Grosshof wohnen.
Die Struktur des Vereins Pfasyl beginnt bei den einzelnen Abteilungen. Sie sind selbständig und voneinander unabhängig. Zu ihren Aufgaben zählen das Organisieren von mindestens zwei Anlässen pro Monat, der Kontakt zu den jeweils zugehörigen Asylzentren, die Kommunikation mit den Eltern und die Vermittlung der transferierten Kinder in Pfadi-Abteilungen ihrer neuen Gemeinde. Bei der jeweiligen Gestaltung dieser Aufgaben sind die Pfasyl-Abteilungen frei.
Die einzelnen Abteilungen eines Kantons bilden zusammen den Verein Pfasyl dieses Kantons. So bilden beispielsweise das Pfasyl Rothenburg und das in den Startlöchern stehende Pfasyl Grosshof in Kriens den Verein Pfasyl (Kanton) Luzern. Jeder kantonale Verein stellt eine Kantonsleitung, bestehend aus mindestens einem aktiven Mitglieder aus jeder Abteilung, die verantwortlich ist für die kantonalen Finanzen, die kantonale Expansion, die Öffentlichkeitsarbeit und die Kommunikation mit der Verwaltung des politischen Kantons.
Zusätzlich gibt es eine Gesamtleitung, die den Überblick über die verschiedenen Pfasyl-Abteilungen in der ganzen Schweiz hat und den Austausch zwischen ihnen fördert. Das Leitungsteam besteht aus Leitern verschiedenen Pfasylabteilungen. Ihre weiteren Aufgaben sind die Finanzverteilung an die Abteilungen, die Expansion in weitere Kantone, die Verwaltung von Homepage und E-Mailaccounts und weitere administrative Aufgaben.
Juhuu!
Pfasyl erhält den Anerkennungspreis 2017 der Albert-Koechlin-Stiftung!!!
Wir freuen uns extrem über die Auszeichnung dieser wunderbaren Stiftung und fühlen uns durch diese Anerkennung in unserer Arbeit mit den Kindern bestärkt. Diese Auszeichnung mit ihrem grosszügigen Preisgeld ermöglicht es uns, dass wir künftig vier Mal pro Jahr Intensivmonate mit den Kindern durchführen und zugleich den Radius unserer Aktivitäten markant vergrössern können. Zugleich gibt uns dieser Beitrag die finanzielle Sicherheit, die wir benötigen, um anderen pfasylähnlichen Projekten mit Rat und Tat zur Seite stehen zu können. So wollen wir auch versuchen, neue Abteilungen von Pfasyl zu gründen, damit unser Modell vielleicht eines Tages in mehreren Kantonen, oder vielleicht sogar schweizweit Schule machen kann.
Wir möchten uns bei der AKS herzlichst bedanken und hoffen, dass wir der Verpflichtung dieses Preises auch in Zukunft gerecht werden können.